Ulrike Wolitz hat ein offenes Ohr für die Anliegen der Patientinnen und Patienten im Spital | W&O

04.01.2023

Ulrike Wolitz hat ein offenes Ohr für die Anliegen der Patientinnen und Patienten im Spital

Seit dem Jahr 2019 arbeitet Ulrike Wolitz im Spital Grabs als Seelsorgerin. Der Jahreswechsel bezeichnet sie als empfindliche Zeit.

Von Alexandra Gächter
aktualisiert am 28.02.2023
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Wenn Ulrike Wolitz sagt «Guten Morgen, wie geht es Ihnen?», dann ist diese Frage ernst gemeint. Bei anderen Personen mag diese Frage eine Floskel sein, aber Ulrike Wolitz interessiert sich wirklich für das Wohlbefinden anderer Menschen. Die gebürtige Deutsche hat Theologie studiert, promoviert, eine Zusatzausbildung als Spitalseelsorgerin absolviert und arbeitet seit dem Jahr 2019 im Spital Grabs sowie seit elf Jahren in der Rehaklinik Walenstadtberg als Seelsorgerin. Über ihren Beruf sagt sie:
Für mich ist das eine Form, wie ich Theologie umsetzen kann. Hier kann ich nah bei den Menschen sein und bei ihnen sein in dem, was sie beschäftigt.

Spitalseelsorge ist kostenlos

Während die Seelsorger in den Kirchgemeinden allgemein bekannt sind, wissen viele Patientinnen und Patienten nicht, dass es im Spital Grabs eine ökumenische Seelsorge gibt. Deshalb kommen Patienten oft nicht auf die Idee, die Seelsorge hinzuzuziehen. Wolitz sagt:
Ich suche die Patientinnen und Patienten meist selbst auf. Das gehört zu meiner Arbeit.
Auch nicht bekannt ist, dass die Spitalseelsorge kostenlos ist. Die Arbeit der Spitalseelsorger wird von den Kirchen und Spitälern finanziert und steht den Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden gratis zur Verfügung.

30 bis 50 Gespräche pro Woche

Pro Woche führt Ulrike Wolitz um die 30 bis 50 Seelsorge-Gespräche. Immer wenn sie vor der Türe steht, überlegt sie sich, wieso sie diesen Beruf ausübt. Mit dieser inneren Einstellung klopft sie an die Türe. Ihre eigenen Sorgen darf sie nicht mit ins Zimmer nehmen. Ulrike Wolitz sagt:
Ich muss frei und offen sein. Eigene Probleme muss ich vor der Tür abstreifen.
Wenn sie einen schlechten Tag habe, übe sie eine andere Tätigkeit aus.
 Die Probleme, welche die Patientinnen und Patienten mit ins Spital nehmen, sind so vielfältig wie das Leben selbst.
Die Probleme, welche die Patientinnen und Patienten mit ins Spital nehmen, sind so vielfältig wie das Leben selbst.
Bild: Archiv W&O

Zwischen drei Minuten und zwei Stunden dauert ein Gespräch

Im Gepäck hat sie viel Zeit und Empathie. Wie viel davon gewünscht wird, ist unterschiedlich. «Die Gespräche dauern zwischen drei Minuten und zwei Stunden.» Oft würden die Betroffenen anfangs über ihre momentanen körperlichen Schmerzen oder Beeinträchtigungen sprechen. Ulrike Wolitz sagt:
Nach einiger Zeit bricht bei vielen der seelische Schmerz heraus.
Die Probleme seien dabei so vielfältig wie das Leben. Selbstverständlich hält sich auch ein Spitalseelsorger an die Schweigepflicht. Ausser es wird ausdrücklich gewünscht, dass jemand eingeweiht wird.

Auch schon mal ein Lied gesungen

Verbreitet ist noch immer das Klischee, dass Spitalseelsorger nur zum Beten kommen. Wenn es gewünscht wird, betet Ulrike Wolitz mit den Patientinnen und Patienten, sogar ein Lied habe sie schon gelegentlich gesungen – aber grundsätzlich ist sie da, um zuzuhören und zu unterstützen. «Egal wie schwer das Gespräch ist, wenn es der Person nach dem Gespräch besser geht, dann hilft mir das, ins nächste Gespräch zu gehen.» Die Weihnachtszeit wie auch der Jahreswechsel ist gemäss Ulrike Wolitz eine empfindsame Zeit. Sie sagt:
Licht und Dunkel sind nah beisammen. In dieser Zeit reagieren viele Menschen emotionaler.

Die Seelsorgerin will zur Hoffnung ermutigen

Manchmal wird die Spitalseelsorgerin auch mit Vorwürfen an Religion und Kirche konfrontiert. «Ich laufe nicht weg, wenn jemand Wut, Zorn oder Kritik äussert. Ich bin nicht da, um zu predigen, die Meinung der Patientinnen und Patienten zu ändern oder ihnen zu sagen, was sie zu tun hätten, sondern um zuzuhören und die Menschen auf Augenhöhe dort abzuholen, wo sie gerade sind.»
 Die Arbeit der Spitalseelsorger wird von den Kirchen und Spitälern finanziert und steht den Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden gratis zur Verfügung.
Die Arbeit der Spitalseelsorger wird von den Kirchen und Spitälern finanziert und steht den Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden gratis zur Verfügung.
Bild: Mareycke Frehner
Oft hört Ulrike Wolitz die Frage nach dem Warum. Warum man eine Krankheit erleidet oder einen Unfall hatte. «Ich kann weder die Frage nach dem Warum beantworten, noch kann ich sagen, wie es für den Einzelnen weiter geht. Anstatt eine Antwort zu geben, trage ich die Frage mit und versuche, mit den Fragenden Ressourcen zu finden, die beim Weitergehen helfen», so Wolitz.

Ein Bild oder Engel bringt sie manchmal mit

Die Spitalseelsorgerin will zur Hoffnung ermutigen. Manchmal bringt sie auch etwas mit, etwa ein Bild oder einen Engel zum Festhalten. Ulrike Wolitz ist überzeugt:
Auch kleine Zeichen und Gesten können in einer Notsituation unterstützen.

 «Berührbar» bleiben

Sich tagtäglich den Sorgen, Problemen, Ängsten und Schicksalen anderer Menschen zu stellen, benötigt Kraft. Dennoch möchte Ulrike Wolitz «berührbar» bleiben. Ulrike Wolitz sagt:
Wenn der Tag kommt, an dem mich die Schicksale der Menschen nicht mehr berühren, dann muss ich meinen Job an den Nagel hängen.