Unihockey-WM-Qualifikation: Tore schiessen für das andere Vaterland | W&O

03.06.2022

Unihockey-WM-Qualifikation: Tore schiessen für das andere Vaterland

Liechtensteins Unihockey-Nationalmannschaft hat auch wegen einer ansehnlichen Werdenberger Delegation zum Höhenflug angesetzt.

Von Reto Voneschen
aktualisiert am 28.02.2023
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In den letzten acht Jahren hiess es jeweils, wenn Liechtensteins Nationalmannschaft bei der WM-Qualifikation antrat: Ausser Spesen nichts gewesen. Doch mit  leisen Hoffnungen, den Anschluss zumindest ans internationale Mittelfeld zu schaffen, nahm die Liechtensteiner Auswahl letzte Woche am WM-Qualifikationsturnier in Koceni (Lettland) teil. Mit Erfolg: Gegen Belgien gewann Liechtenstein mit 4:2. Mit vier Toren in Folge drehten sie die Partie und gewannen erst zum dritten Mal in der Verbandshistorie. Selten wurde wohl ein Sieg an einem Qualiturnier so frenetisch gefeiert wie am Freitag vor einer Woche. Gestandene Männer hatten Tränen in den Augen, im Sekundentakt trudelten Glückwünsche auf allen möglichen Wegen nach Lettland zu den tapferen Fürstensöhnen. Im abschliessenden Spiel um Rang fünf lag Liechtenstein nach zwei Dritteln mit 5:3 in Führung, ehe Ungarn aufholte und in der Verlängerung 6:5 gewann. Es war wohl alles etwas zu viel – erstmals nach zwölf Jahren ging eine Liechtensteiner Unihockeynati mit einer Führung in die Pause. Der in Gams wohnhafte Trainer Marco Kipfer ist dennoch stolz:
Es war eine grossartige Zeit mit einer grossartigen Mannschaft.

Ein wirbliges Brüderpaar aus Grabs

Neben Kipfer hatte auch eine ansehnliche Werdenberger Delegation grossen Anteil an den erfreulichen Leistungen in Lettland. Die Brüder Remo und Andreas Tischhauser (Grabs) sowie Fabian Kramer (Gams) waren tragende Säulen der stärksten Liechtensteiner Formation. Der gebürtige Buchser Mathias Inhelder führte die Equipe als Captain und Rekord-Internationaler an. Den Titel des teaminternen Torschützenkönigs musste Inhelder mittlerweile an Remo Tischhauser abgeben. 13-mal ist der 26-Jährige bisher für die Ländleauswahl angetreten. Ebenfalls 13-mal erzielte er dabei ein Tor.
 Und wieder ein Tor: Die Liechtensteiner hatten in der WM-Qualifikation viel Grund zur Freude.
Und wieder ein Tor: Die Liechtensteiner hatten in der WM-Qualifikation viel Grund zur Freude.
Bild: PD
Bei all seinen drei WM-Qualiteilnahmen wurde der Flügelspieler als bester Spieler seines Teams am Ende des Turniers ausgezeichnet. Coach Kipfer lobt sein bestes Pferd im Stall wie folgt:
Grabser Power nahe der Perfektion.
Massiv verstärkt wurde das Liechtensteiner Team auch durch die erstmalige Teilnahme des vier Jahre jüngeren Andreas Tischhauser. Zusammen bilden die wortkargen Brüder ein Duo, das sich blind versteht – und sich auch nicht vor den Weltbesten fürchten muss. Linienkollege Simon Züger musste in erster Linie schauen, dass er den wirbligen Brüdern nicht im Wege stand. Inhelder und Kramer waren bei ihrer siebten respektive vierten WM-Qualiteilnahme vor allem als ruhende Pole in der Abwehr gefordert. Ein Job, den beide hervorragend lösten – noch selten stand die Defensive der Liechtensteiner Unihockeynati so stabil wie in diesem Jahr. Erstaunlich, denn Kramer wie auch die Tischhausers spielen normalerweise «nur» in der 2. Liga beim UHC Rangers Grabs-Werdenberg, Inhelder sogar in der 3. Liga bei den Glattal Falcons. Viele der Nationalmannschaftskollegen, wie beispielsweise jene des UHC Schaan, spielen gar nur auf dem Kleinfeld.
 Unermüdlich treibt Trainer Marco Kipfer seine Schützlinge an und bereitet sie auf den nächsten Einsatz auf dem Feld vor.
Unermüdlich treibt Trainer Marco Kipfer seine Schützlinge an und bereitet sie auf den nächsten Einsatz auf dem Feld vor.
Bild: PD

Blut geleckt für künftige Taten

Doch die diesjährige Auswahl des Nachbarn ennet dem Rhein wuchs in Lettland über sich hinaus. «Ich habe noch selten so einen Teamgeist erlebt», freute sich Routinier Inhelder. Entscheidend sei auch die Arbeit Kipfers gewesen in den letzten Jahren, wie der Captain ausführt:
Er hat Struktur ins Team gebracht, nun wusste jeder, was er auf dem Spielfeld machen musste.
Dabei war Kipfers Teilnahme an der WM-Kampagne lange unsicher. Im letzten Sommer musste der 52-Jährige aus gesundheitlichen Gründen länger pausieren. Nur langsam erholte sich Kipfers Körper. «Ihr habt mir damals viel Kraft gegeben, wart die ersten, die mir gute Besserung wünschten», bedankte sich der Nationaltrainer nun nach dem 4:2-Sieg gegen Belgien mit emotionalen Worten bei den Natispielern.
 Captain Mathias Inhelder lobt vor allem den Teamgeist.
Captain Mathias Inhelder lobt vor allem den Teamgeist.
Bild: PD
Für die WM Anfang November in Zürich qualifizierte sich Liechtenstein nicht. Aber erstmals überhaupt in der Verbandsgeschichte durfte sich das Team Hoffnungen darauf machen. Denn hätte man gegen Polen gewonnen, wäre es am letzten Tag zum Entscheidungsspiel gegen Frankreich gekommen. Captain Inhelder bringt es auf den Punkt:
Aber allein, dass wir uns darüber Gedanken machen durften, ist der Wahnsinn.
An Motivation für die nächste Qualifikation in zwei Jahren mangelt es mit Sicherheit nicht.