Unternehmer aus der Region vor Gericht: Geld und Vertrauen in einen Abwärtsstrudel manövriert | W&O

02.02.2022

Unternehmer aus der Region vor Gericht: Geld und Vertrauen in einen Abwärtsstrudel manövriert

Vor dem Kreisgericht Sarganserland-Werdenberg muss sich ein Versicherungsfachmann aus der Region wegen Misswirtschaft verantworten.

Von Reinhold Meier
aktualisiert am 28.02.2023
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Die Anklage wirft dem in der Region Werdenberg-Sarganserland verwurzelten Unternehmer vor, sein Geschäft in den Konkurs geführt zu haben, obschon es früh Anzeichen für eine dramatische Schieflage gab. Der ehemalige und kantonal bekannte FDP-Politiker führte dabei eine Firmengruppe, die auf drei Säulen ruhte. In einer ersten GmbH betätigte er sich als Kaufmann der Versicherungs- und Finanzbranche, der als Verkäufer und Makler auftrat. Eine zweite GmbH wid­mete sich Immobilienprojekten, eine dritte der Rechts- und Un­ternehmensberatung. Alle drei Firmen fasste er unter dem Dach einer AG zusammen, deren Verwaltungsrat er war. Die Einnahmen dieser Un­ternehmensgruppe rührten im Wesentlichen aus den Werten der Immobilienprojekte sowie aus Courtagen, also Maklergebühren. Beide Positionen führte der Angeklagte als Aktiven in der Bilanz der Dach AG auf. Dies, obschon diese im Eigentum der Tochtergesellschaften standen und die Töchter ihrerseits als Aktive der Mutter geführt wurden. Sie tauchten also in doppelter Weise als Aktiven auf, was gegen fundamentale Rechnungslegungsvorschriften verstösst, wie die 30-seitige Anklageschrift trocken festhält.

Die Bank hängt in dem Fall mit drin

Erste Anzeichen der Überschuldung gab es laut Anklage bereits 2011. Der Chef stellte aber keinen Sanierungsplan auf, sondern nahm lieber Darlehen auf und verschlechterte so die Vermögenslage weiter. Dies ging so lange gut, bis es schlicht keine Reserven mehr gab, vor allem, weil sich die Liegenschaftsprojekte als massiv überhöht bilanziert erwiesen und meist Luftnummern waren. Im September 2018 krachte das Kartenhaus zusammen. Die Immobilienprojekte waren laut Anklage mit mindestens 80 Prozent überbewertet. Ihre Werthaltigkeit beruhte im Wesentlichen auf den Aussagen des Firmenchefs, ohne jede bankseitige Bewertung. Die zuständige Bank liess sich über Jahre hinweg von Beteuerungen und optimistischen Prognosen des Mannes blenden, so die Anklage weiter. Im Kern sei es ihm darum gegangen, Kreditfähigkeit vorzuspiegeln und sich öffentlich als erfolgreicher Unternehmer zu präsentieren. Eine der Luftnummern betraf den Buchser Bahnhofplatz, für den es weder eine Planungsauftrag noch einen Stadtratsbeschluss gab. Bei einer anderen Liegenschaft stellt sich heraus, dass sie gar nicht in einer Bauzone lag, andere Projekte be­ruhten auf blossem «Wunschdenken».

Eine Rentnerin mit Beharrlichkeit ausgenutzt

Wie beharrlich sich der Kaufmann der Realität widersetzte, zeigt seine Praxis, in der Not zunehmend Darlehen von privater Seite aufzunehmen. Diese deklarierte er dann als Courtagen, also als Aktiven statt als Verbindlichkeiten. Statt die Darlehen wenigstens werterhaltend anzulegen, verwendete er das Geld für betriebsinterne Zwecke. Mancher brave Bürger hat dem Mann so auf Nimmerwiedersehen sein 3a-Konto anvertraut oder in Anlagen mit vermeintlich vollem Kapitalschutz investiert. Über ein Dutzend Geschädigte werden namentlich erwähnt. In drei Fällen hat der Beschuldigte Zivilforderungen anerkannt, sie belaufen sich allein auf 370000 Franken. Als besonders schäbig sticht der Fall einer von Altersgebrechen gezeichneten Rentnerin hervor, der er dank Überredung und Charisma, wie es heisst, nicht nur ein sechsstelliges Darlehen, sondern vor allem die Unterschrift abluchste, ihn selbst zum Willensvollstrecker einzusetzen. Die Anklageschrift umfasst nach den Vorgaben des so genannten abgekürzten Verfahrens bereits ein Urteilsdispositiv. Danach wird der Beschuldigte wegen jeweils mehrfacher Urkundenfälschung, Misswirtschaft und Veruntreuung schuldig gesprochen. Er wird verurteilt zu zwei Jahren Haft. Die Strafe wird bedingt ausgesprochen bei einer Probezeit von zwei Jahren. Das Gericht hat lediglich zu prüfen, ob die Regeln des abgekürzten Verfahrens eingehalten wurden, dann wird das Dispositiv zum Urteil erhoben.