Vater setzte seine Tochter unter Druck: Grund für die Nötigung ist umstritten | W&O

03.03.2022

Vater setzte seine Tochter unter Druck: Grund für die Nötigung ist umstritten

Vor dem Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland hat sich ein Vater wegen Nötigung zu verantworten. Er soll seine Tochter mit dem Tod bedroht haben, weil sie eine Geschlechtsumwandlung plante.

Von Reinhold Meier
aktualisiert am 28.02.2023
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Die Anklage wirft dem Jahresaufenthalter aus dem Kosovo vor, seine zum Tatzeitpunkt noch knapp minderjährige Tochter massiv unter Druck gesetzt zu haben. Am mutmasslichen Tattag soll er sie schon am Morgen via Chat auf die endgültig gebrochene Familienbande hingewiesen haben.
Dein Vater ist gestorben für Dich.
Später am Tag habe er mit der massiven Drohung nachgesetzt: «Ich werde Dich umbringen, wenn es notwendig ist.» Zudem werde er sie Tag und Nacht verprügeln, bis sie «vernünftig» geworden sei, kündigte er ihr unverblümt an.

Anklage: Geplante Geschlechtsumwandlung war der Grund

Ziel sei es gewesen, die Tochter, die sich als Junge fühlte, von einer Operation zur Geschlechtsumwandlung abzubringen, so die Anklage weiter. Am Abend sei das Mädchen vor lauter Angst dann abgehauen und bei Freunden im Fürstentum Liechtenstein untergekommen. Zuvor hatte es bei der kantonalen Notrufzentrale Alarm geschlagen. Tags darauf wurden mehrere Sicherheitsmassnahmen ergriffen wie die Festnahme des Beschuldigten, eine Hausdurchsuchung sowie der Beizug von rechtlichem Beistand und des Bedrohungsmanagements wie der Opferhilfe.

Suizidversuch und Scheinfrieden?

Bei der Einvernahme gab der Vater an, dass in Wahrheit nicht die Geschlechts-OP, sondern ein möglicher Lehrabbruch seiner Tochter der Grund für den Streit gewesen sei. Offenkundig wurde aber auch, dass der Mann eine stark patriarchalische Hierarchiestruktur in der Familie praktizierte. In der Folge sei er völlig überzeugt davon gewesen, dass ihm die letzte Bestimmungshoheit über den Rest der Familie zustünde, so die Anklage. Aus Sicht der Strafverfolgung spiele es zudem keine Rolle, ob allenfalls andere Gründe als die Geschlechts-OP zu Nötigung führen, Nötigung sei Nötigung. Im Übrigen sei jedoch kein Motiv erkennbar, warum die Tochter ohne Not hätte Alarm schlagen sollen.

Früher Drohung gegen die Mutter

Vor 14 Jahren hatte der Mann angeblich schon einmal eine Drohung ausgesprochen, gegen die Mutter. Er werde sie umbringen, wenn sie keine Autopolitur besorge, hiess es damals. Dieser alte Fall zeige laut Staatsanwaltschaft nicht nur seine Drohungsbereitschaft, sondern auch seine Fähigkeit, bereits getätigte Hilferufe von Angehörigen gegenüber der Strafverfolgung wieder zum Verstummen zu bringen. Im aktuellen Fall hatte das mutmassliche Opfer denn auch vier Wochen nach dem Vorfall unter ernstem psychischem Druck einen Suizidversuch unternommen. Zwei Wochen später hat es überraschend eine Desinteresse-Erklärung unterschrieben und wieder im Elternhaus Wohnsitz genommen.

Bedingte Geldstrafe in Aussicht gestellt

In dem Fall ist seitens Staatsanwaltschaft bereits am 8. Oktober 2021 ein Strafbefehl ergangen. Darin wird eine Sanktion von 90 Tagessätzen à 30 Franken ausgesprochen. Die Strafe wird bedingt ausgefällt, weil der Mann bisher nicht vorbestraft ist. Die Probezeit beträgt zwei Jahre. Er käme also ungeschoren davon und müsste nur im Wiederholungsfall zahlen. Aus Gründen, die bisher wohl nur der Beschuldigte kennt, hat er gegen diesen – eher mild erscheinenden – Strafbefehl Einspruch erhoben. Damit wird der Fall nun öffentlich und es kommt zur Verhandlung am Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland. Der Angeklagte bestreitet bisher alle Vorwürfe strikt. Er betonte in Einvernahmen jedoch weiter, dass er nicht akzeptiere, wenn seine Tochter ihr Geschlecht ändern wolle, weil das einem Gesichtsverlust gleichkomme.