Rund 200 Sennen und Älplerinnen, Delegationen von Alpkorporationen und Ortsverwaltungen, Bauernorganisationen sowie Vertreter von Gemeinden und Kanton liessen sich am Freitag an der Wintertagung der Alpsektionen Sarganserland und Werdenberg-Rheintal im Kultur- und Kongresshaus Verrucano in Mels über Ereignisse und Fakten des aussergewöhnlichen Alpsommers 2022 informieren.
Insbesondere auf Interesse stiess die grössere Ausbeute bei der Käse-, Butter-, Joghurt- und Trinkmilchproduktion. Dass auf den 26 Sarganserländer Kuhalpen mehr gemolken werden konnte, spricht einerseits für den guten Graswuchs, andererseits für die gute Fitness der Tiere.
Insgesamt wurden 2,12 Millionen Kilogramm Kuhmilch zu 204 000 Kilo Käse und 16 356 Kilo Butter weiterverarbeitet. Wobei 47 zusätzlich aufgetriebene Kühe zu diesem tollen Ergebnis beitrugen. Hinzu kommt die Tatsache, dass das Vieh sieben Tage länger auf den Alpen gemolken werden konnte.
Er wies darauf hin, dass die St. Galler Regierung schon im letzten Herbst die Schwerpunkte in der Landwirtschaft festgelegt habe. Unter anderem seien dies die Förderung einer ressourcenschonenden Landwirtschaft, Massnahmen zur Klimaanpassung, der Einsatz neuer Technologien und die Digitalisierung sowie Initiativen, welche zur Steigerung der Wertschöpfung und Biodiversität führen.
Die Innovationsförderung soll ausgebaut werden, darin sieht Regierungsrat Tinner durchaus auch eine Chance für die Landwirtschaft, wie er festhält:
Es gehe auch um die effiziente Umsetzung von Sofortmassnahmen. Dieses Thema werde Tierhalter wie Regierung noch länger beschäftigen. Ihm sei es wichtig, dass er Ängste und Nöte der betroffenen Bäuerinnen und Bauern kenne.
Tinner griff spontan das Thema Gänsegeier auf. Diese Greifvögel üben neuerdings als Aasfresser gesundheitsrelevante Funktionen für die Natur im Calfeisental aus und entfernen sich von der dortigen Kolonie bis zu 60 Kilometer weit.
Bisher wurden vom Wolf gerissene Nutztiere nach einschlägigen Untersuchungen dem Besitzer entschädigt. Weil Gänsegeier die Kadaver in kürzester Zeit finden, bleibt von denen im Nu nichts mehr übrig. Tinner zeigte sich überzeugt, dass ab dem nächsten Jahr mit pragmatischem Umgang bezüglich gefressener Tiere eine einvernehmliche Lösung für Geschädigte gefunden werde.
Kantonstierarzt Stefan Siegmann etwa ging auf die wichtigsten Tiererkrankungen, die Anwendung von Medikamenten und deren Etikettierung und Aufbewahrung auf Alpen ein. Der Veterinär erörterte auch Massnahmen und Pflichten bei Paarhufern, welche von ihrem Leiden erlöst werden müssen.
Die Temperaturen oberhalb von 1000 Metern über Meer werden seit dem Jahr 1864 systematisch erfasst. In den letzten 120 Jahren hat sich dort der Jahresdurchschnitt um zwei Grad erhöht.
Dass dies Auswirkungen auf verschiedenste Weidebelange auf den Alpen hat, führte Matthias Kern, Lehrer und Futterbauberater am Landwirtschaftszentrum Salez, vor Augen.
Die Waldgrenze steigt momentan sechs Meter im Jahr. Umso mehr muss der Verbuschung Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wie wichtig klein gehaltene Koppeln sind oder was für Auswirkungen grosszügige Einzäunungen haben, wurde anhand von Bildern und Skizzen dokumentiert.
Insbesondere auch, wie wichtig mehrere und sinnvoll verteilte Wassertränken bezüglich Trittschäden und Überdüngung sind, so Kern.
Seit 2012 schlagen sich die Schaf- und Geissenbesitzer im Kanton mit dem Thema Wolf herum. Sven Baumgartner ist seit deren Gründung im Jahr 2014 Leiter der Fachstelle Herdenschutz des Landwirtschaftlichen Zentrums Rheinhof in Salez.
Ihm war es vorbehalten, die Gäste auf den neusten Stand der Dinge im Hinblick auf Herdenschutzmassnahmen respektive das Fernhalten des Wolfs zu bringen.
Im letzten Jahr wurden auf acht kantonalen Alpen 27 Herdenschutzhunde eingesetzt und 26 Gesuche mit einer Summe von 250 000 Franken beim Bundesamt für Umwelt eingereicht, davon 90 000 Franken als Pauschalbeiträge für Zäune.
Für zusätzliche personelle Herdenschutzhilfen wurden 70 000 Franken bewilligt sowie 90 000 Franken für zwei mobile sowie zusätzliche Hirtenunterkünfte, damit die Älplerinnen und Älpler zur Beschützung näher bei ihren Tieren sein können.
Eine Alp weniger im Werdenberg-Rheintal
Etwas rückläufig sieht die Alpmilchstatistik respektive -verwertung im Werdenberg und Rheintal aus. Und dies trotz acht Tage längerer Sömmerungsdauer. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Im Jahr 2022 wurde nur noch auf zehn Alpen gemolken. Also auf einer Alp weniger als im Vorjahr wurde die Milch vor Ort zu hochwertigen Lebensmittelprodukten weiterverarbeitet. Gemäss Statistik wurden insgesamt 551 715 Kilogramm Kuhmilch zu 53 167 Kilogramm Käse und 3625 Kilogramm Butter weiterverarbeitet. Für den gemeinsam abgefassten Jahresbericht der Alpsektionen Werdenberg-Rheintal und Linth-Sarganserland trat Hanspeter Gantenbein ans Rednerpult. In kurzen Zusammenfassungen verstand es der Grabserberger, die Herausforderungen und Ergebnisse des Alp- sommers 2022 Revue passieren zu lassen. Insbesondere die milden Temperaturen und regelmässigen Regenschauer zu Beginn der Sömmerung bescherten ein ausserordentliches Wachstum bis in hohe Lagen.Regierungsrat Beat Tinner zu Gast
Zu den hochkarätigen Gästen durfte Regierungsrat Beat Tinner gezählt werden. Der Vorsteher des St. Galler Volkswirtschaftsdepartements wollte genau wissen, wo der Schuh in der Alpwirtschaft drückt.Wenn Ihr Verband eine innovative Vermarktungsidee hat, so ist er eingeladen, das mit dem Landwirtschaftsamt zu besprechen.Er betonte, einen weiteren Schwerpunkt in der Alpwirtschaft lege die Regierung bei der Strukturverbesserung – der Erneuerung der Wasserversorgung und Infrastruktur für Milchverarbeitung. «Die trockenen Sommer der letzten Jahre haben gezeigt, dass ein intaktes Wasserversorgungsnetz für die Sömmerung der Tiere und den Betrieb auf den Alpen überlebenswichtig ist.» Was das Thema Wolf betreffe, seien das Amt für Natur, Jagd und Fischerei und das Landwirtschaftsamt mit Vertretern des St. Galler Bauernverbandes und des Schafzuchtverbandes zusammengekommen, um Lösungen zu diskutieren.