Zehn Todesopfer auf Toggenburger Strassen: So will der Kanton künftig tödliche Unfälle verhindern | W&O

Toggenburg 19.09.2024

Zehn Todesopfer auf Toggenburger Strassen: So will der Kanton künftig tödliche Unfälle verhindern

Im laufenden Jahr kam es bereits zu zehn Todesopfern bei Verkehrsunfällen im Toggenburg. Am Mittwochnachmittag präsentierte der Kanton in Lichtensteig Massnahmen. Unter anderem sollen sogenannte Leitbaken für mehr Sicherheit sorgen.

Von Alain Rutishauser
aktualisiert am 19.09.2024
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Nachdem es Anfang August im Wochentakt zu schweren und tödlichen Verkehrsunfällen auf der Umfahrungsstrasse H16 zwischen Bazenheid und Ebnat-Kappel und der Rickenstrasse gekommen war, hat die Unfallserie vor einem Monat ein jähes Ende erfahren. Dennoch forderten mehrere Kantonsräte Massnahmen, was Regierungspräsidentin Susanne Hartmann dazu veranlasste, die Arbeitsgruppe Verkehrssicherheit zu formieren. Vertreter der Kantonspolizei und des kantonalen Tiefbauamts prüften Massnahmen, um die Sicherheit auf den betroffenen Strassen zu verbessern.

Am Mittwochnachmittag lud die Staatskanzlei zur Medienorientierung im Werkhof Flooz in Lichtensteig ein, um über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu informieren. Anwesend waren Regierungspräsidentin Susanne Hartmann, Marcel John, Leiter des Tiefbauamts, Werner Lendenmann, Leiter Verkehrstechnik der Kantonspolizei St.Gallen, sowie Hanspeter Krüsi, Leiter Kommunikation der Kantonspolizei.

Regierungspräsidentin Susanne Hartmann informierte am Mittwoch über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe.
Regierungspräsidentin Susanne Hartmann informierte am Mittwoch über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe.
Ralph Ribi

Zuerst informierte Hanspeter Krüsi über die Erkenntnisse der Unfallermittlungen. Nachdem er den Angehörigen der Verunfallten sein Beileid ausgesprochen hatte, stellte er klar:

Wir haben keinen Unfall-Hotspot im Toggenburg.

Vor der Häufung im laufenden Jahr sei es auf der Strecke zwischen Wattwil und Wildhaus zuletzt im August 2022 zu tödlichen Unfällen gekommen. So starb einerseits ein 26-Jähriger nach einer Frontalkollision auf der Umfahrungsstrasse H16 bei Bazenheid, andererseits ein 32-jähriger Motorradfahrer bei einem Selbstunfall auf der Toggenburgerstrasse in Richtung Wattwil.

Ausserdem sagte Krüsi, die Ursache schwerer Verkehrsunfälle sei meistens der Mensch, nicht die Strasse. Er sagt:

Auch bauliche Massnahmen werden den Risikofaktor Mensch niemals gänzlich entschärfen können.

Leitbaken auf der Umfahrungsstrasse H16

Leitbaken dienen dazu, die Verkehrssicherheit und Aufmerksamkeit der Fahrzeuglenkenden zu erhöhen.
Leitbaken dienen dazu, die Verkehrssicherheit und Aufmerksamkeit der Fahrzeuglenkenden zu erhöhen.
Symbolbild: zvg

Dennoch verkündete der Kanton mehrere bauliche Massnahmen. So werden auf der Umfahrungsstrasse H16 Leitbaken montiert – reflektierende Kunststoffelemente, die auf der Mittellinie angebracht werden. «Die Elemente sind überfahrbar, damit Einsatzfahrzeuge bei Unfällen jederzeit zur Unfallstelle gelangen», erklärt Marcel John, Leiter des Tiefbauamts. «Sie dienen der Signalisation und sollen die Aufmerksamkeit der Fahrenden erhöhen.»

Die Leitbaken werden voraussichtlich von Oktober bis Dezember 2024 zwischen Bazenheid und Wattwil, Brendi-Kreisel, angebracht. Aus Prioritätsgründen soll die Montage der Leitbaken zwischen dem Brendi-Kreisel und Ebnat-Kappel im Jahr 2025 folgen. Gemäss Kanton ist dort das Verkehrsaufkommen um 40 Prozent niedriger.

In den Tunnelstrecken sind Leitbaken aus baulichen Gründen nicht möglich, ebenso wenig auf der Rickenstrasse. John erklärt:

Diese Strecke ist auch landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Velos offen. Leitbaken würden das Überholen dieser Verkehrsteilnehmenden verunmöglichen.
Hanspeter Krüsi, Leiter Kommunikation der Kantonspolizei (links), stellt klar: «Wir haben keinen Unfall-Hotspot im Toggenburg.»
Hanspeter Krüsi, Leiter Kommunikation der Kantonspolizei (links), stellt klar: «Wir haben keinen Unfall-Hotspot im Toggenburg.»
Ralph Ribi

Neben der Leitbaken wird die bis anhin einzige Überholmöglichkeit auf der Umfahrungsstrasse, zwischen dem Anschluss Flooz und dem Tunnel Wattwil, mittels Sicherheitslinie geschlossen. Somit ist das Überholen auf der gesamten Strecke der H16 verboten.

Ausserdem bereitet die Kantonspolizei eine Sensibilisierungskampagne «Appgelenkt?» vor. Ab Montag soll ein Video-Spot auf Bildschirmen an Toggenburger Tankstellen sowie in den sozialen Medien auf die Gefahren von Ablenkung im Strassenverkehr hinweisen.

Überholverbot und Temporeduktion rechtlich nicht durchsetzbar

Werner Lendenmann, Leiter Verkehrstechnik der Kantonspolizei, erklärt, weshalb Überholverbote und Geschwindigkeitsreduktionen nicht möglich sind.
Werner Lendenmann, Leiter Verkehrstechnik der Kantonspolizei, erklärt, weshalb Überholverbote und Geschwindigkeitsreduktionen nicht möglich sind.
Ralph Ribi

Werner Lendenmann, Leiter Verkehrstechnik der Kantonspolizei, erklärte, dass eine Geschwindigkeitsreduktion oder ein Überholverbot rechtlich nicht umgesetzt werden könnten, da die Bedingungen nicht erfüllt seien. Er sagt: «Uns sind rechtlich die Hände gebunden. Daher appellieren wir an die Eigenverantwortung. Man soll nur dort überholen, wo die Verkehrsübersicht absolut gewährleistet ist.»

Zum Schluss verwies Regierungspräsidentin Hartmann darauf, dass der Kanton die Strassen so sicher wie möglich gestalte, den wichtigsten Teil letztlich aber die Verkehrsteilnehmenden übernähmen. Sie sagt, Unfälle passierten nicht einfach, sie würden verursacht. In den meisten Fällen durch den Menschen.

Daher mein Appell: Sind Sie konzentriert, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nur auf die Strasse und machen Sie eine Pause, wenn Sie müde sind.