Damit folgte das Kantonsgericht im Wesentlichen dem Urteil des Kreisgerichts Rheintal. Vor diesem stand vor drei Jahren nicht nur die Kosovarin, sondern auch ihr Mann. Der Fall schaffte es in den «Blick». Die Zeitung titelte vor drei Jahren:
Abzocker-Paar ergaunert von der IV 688'000 Franken.
Anonymer Tipp: Die Frau wirke gesund
Nach einem Autounfall im September 2001 war die Frau wegen eines psychischen Leidens zu 100 Prozent arbeitsunfähig geschrieben worden. Ab Februar 2003 bezog sie entsprechende Leistungen. Im Jahr 2014 bekam die St. Galler Sozialversicherungsanstalt einen anonymen Hinweis, die Frau wirke gesund, trage schwere Sachen, fahre Auto und betätige sich als
Versicherungsmaklerin. Die daraufhin eingeleitete Überwachung bestätigte diesen Eindruck.
Gegenüber «Blick» hatte die Frau vor drei Jahren erklärt, die Vorwürfe seien sehr verletzend. Sie sei «sicher keine Simulantin», sondern eine schwer kranke Frau.
Für einen Bernecker Weinbauern stand sie wiederholt als Erntehelferin im Einsatz. Sie soll gut gearbeitet haben; der Weinbauer erklärte, nicht gewusst zu haben, dass die Frau eine IV-Rentnerin sei. Nachdem die Ermittlungen wegen IV-Betrugs ihren Anfang genommen hatten, soll die eigene kleine Versicherungsfirma (die über den Mann lief) betrügerisch Konkurs gegangen sein. Anders als das Kreisgericht Rheintal sprach das Kantonsgericht die Frau in diesem einen Punkt nun aber frei.
Gefängnis, Busse, hohe Verfahrenskosten
Auch das Kantonsgericht erachtet es hingegen als erwiesen, dass die Frau Ärzte und Mitarbeitende der Sozialversicherungsanstalt über ihre gesundheitliche Verfassung täuschte und ungerechtfertigte IV-Leistungen bezog. Es verurteilte die Frau zu einer Freiheitsstrafe von 46 Monaten. Vom Kreisgericht Rheintal war die Frau mit 54 Monaten bestraft worden. Ihr Mann kam mit einer bedingten Strafe von 24 Monaten davon.
Zusätzlich zur Gefängnisstrafe sprach das Kantonsgericht eine Geldstrafe von 5400 Franken aus. Diese wurde allerdings bedingt verhängt, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Dem Staat hat die Verurteilte eine Ersatzforderung von 570'000 Franken zu bezahlen. Auf ihrem Miteigentumsanteil an der 336 m2 grossen Liegenschaft des Paares besteht weiterhin eine Grundbuchsperre.
Das Kantonsgericht schützt zudem Zivilforderungen in der Höhe von rund 100'00 Franken, weitere Forderungen werden auf den Zivilweg verwiesen.
Die von der Kosovarin zu tragenden Verfahrenskosten beliefen sich im erstinstanzlichen Verfahren auf gut 93'000 Franken, für das Berufungsverfahren kommen weitere Kosten von gut 21'000 Franken dazu.
Landesverweis wurde nicht verhängt
Der Gesetzesartikel, der einen Landesverweis für die Verurteilte zur Folge hätte, trat erst im Oktober 2016 in Kraft, die Straftaten wurden grösstenteils vorher begangen. Für die seit dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikte sah das Kantonsgericht von der Anordnung einer Landesverweisung ab.
Die Kosovarin hat das Urteil bis jetzt nicht akzeptiert. Es ist somit noch nicht rechtskräftig.