«Sicherheit hat einen Preis»: Die Armee hat die Konzepte und ist die letzte Sicherheit | W&O

20.02.2023

«Sicherheit hat einen Preis»: Die Armee hat die Konzepte und ist die letzte Sicherheit

An der Hauptversammlung der Offiziersgesellschaft Werdenberg (OGW) in Buchs referierte Brigadier Gregor Metzler zu Erkenntnissen aus dem Ukrainekonflikt.

Von Hanspeter Thurnherr
aktualisiert am 28.02.2023
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Der Bernecker Kommandant der Mechanisierten Brigade 11 (Mech Br 11) beleuchtete am Freitag in seinem Referat im «Buchserhof» aus persönlicher Sicht die Erkenntnisse aus dem Ukrainekonflikt, sprach aber auch zu Weiterentwicklung der mechanisierten Verbände. «Wo waren Sie am 9. November 1989?» fragte er ein­leitend und erinnerte damit an den Fall der Berliner Mauer.
Viele glaubten damals an einen 100-jährigen Frieden in Europa. Viele glaubten auch, dass künftig der Einsatz von Panzern und Artillerie in Europa unwahrscheinlich sei.
Am 24. Februar 2022 habe begonnen, was alle als unmöglich glaubten: ein Krieg in Europa. Der Ukrainekrieg sei auch ein Informationskrieg: «Auch was wir vom Westen hören, ist sicher nicht die Wahrheit. Diese liegt irgendwo dazwischen.»

Russland hat die eigene Armee überschätzt

Putin habe anfangs auf Plan A gesetzt, wohl inspiriert von der jungen Garde: ein Enthauptungsschlag gegen Kiew, Angriff auf breiter Front von 1200 km Länge, in wenigen Tagen oder Wochen erfolgreich. Doch habe er die Ukrainische Armee, welche nach 2014 aufgerüstet habe, sowie die logistischen Herausforderungen unterschätzt und die eigene Armee überschätzt. So habe er sich auf den «klassischen» Plan B der alten Garde besonnen: Rückzug, Umgruppierung, Konzentration auf den Donbass und die Landbrücke zur Krim – und als wahrscheinliches Ziel Odessa.

Frühjahrsoffensive wird erwartet

Mit westlicher Unterstützung – auch durch den Nachrichtendienst der USA – habe die Ukraine den Russen grosse Nachschubprobleme bereitet. Russ­land reagierte mit einer Teilmobilmachung, der Annektierung von Teilen der Ostukraine und dem Rückzug aus Cherson. Metzler erwartet eine Frühjahrsoffensive, vielleicht schon bis zum 24. Februar. Die Panzerlieferungen an die Ukraine aus dem Westen seien bis jetzt bescheiden. Umgerechnet auf die 1600 km Frontlinie komme ein Panzer auf 5 km. Da brauche es viel mehr Panzer.
 Brigadier Gregor Metzler sprach über Erkenntnisse aus dem Ukrainekrieg.
Brigadier Gregor Metzler sprach über Erkenntnisse aus dem Ukrainekrieg.
Metzler skizzierte drei mögliche Entwicklungen des Krieges: besser, gleich, schlimmer. Seiner Meinung nach zeichne sich bei «besser» keine Entspannung ab. Szenario «gleich» wäre wohl ein Abnützungskrieg. Zentrale Frage dabei: Wie lan­ge liefert der Westen. Europa kann nicht liefern, wie lange ­machen es die USA? Szenario «schlimmer» wäre eine Eskalation auf Nato-Staaten, Einsatz von Atomwaffen oder gar der Dritte Weltkrieg.

Nun kann man wieder über Sicherheit diskutieren

Seit diesem Krieg könne man auch wieder in der Schweiz über Sicherheit, Neutralität und Kooperation mit Europa diskutieren. Nun werde wieder für einen konventionellen Krieg aufgerüstet. Metzler verdeutlichte:
30 Jahre lang haben wir zu wenig investiert, unsere Hauptsysteme sind am Nutzungsende angelangt.
Der Krieg zeige, dass es die drei Mech-Brigaden brauche. «Sie sind ein komplexes System aus Führung, Aufklärung, Kampfmittel, Engineering – und sie brauchen den Schutz von oben, die 36 neuen F35-Kampfflugzeuge sind daher eine Voraussetzung für Bodenoperationen», erläuterte Metzler.

Einsatzlogistik wurde vernachlässigt

Im Einzelnen zeigte er, welche Systeme wann eine Nachrüstung bekommen und welche Systeme neu angeschafft werden sollten – sofern die Politik die nötigen Finanzmittel spreche. In den letzten 30 Jahren habe man die Einsatzlogistik vernachlässigt und beispielsweise zu wenig Munitionslager angelegt. Abschliessend betonte der Brigadier:
Sicherheit hat einen Preis. Die Armee hat die Konzepte und ist die letzte Sicherheit.
Zahl der Mitglieder steigt Buchs Vereinspräsident Major Swen Büchel zeigte sich in seiner Begrüssung zur HV erfreut, dass 2022 die Veranstaltungen wieder ohne Einschränkungen durchgeführt werden konnten. Er durfte Hpt Ernst Bolomey, Oblt Andrea Lässig, Lt Quendrim Smajli, Lt Claudio Koch und Lt Kai Schwendener zur Aufnahme in den Verein präsentieren. Austritte gab es keine. Die Mitgliederzahl steigt damit auf 89. Diskussionslos zugestimmt wurde der Jahresrechnung, dem Budget, dem Jahresprogramm und dem gleichbleibenden Mitgliederbeitrag. Die Rechnung 2022 schliesst mit einem kleinen Gewinn. Das Budget 2023 rechnet mit einem Verlust, doch verfügt der Verein über ein stattliches Vermögen. Neu als zusätzliches Mitglied und Vizepräsident wurde Oblt Heinz Gloor in den Vorstand ­gewählt. Mit einem speziellen Dolch wurde der ehemalige Präsident Enrico Mungo für seine langjährige Vorstandsarbeit geehrt. Zustimmung fand auch der Vorschlag des Vorstandes, künftig die Mitglieder per Newsletter zu informieren. (ht)